Peritonealdialyse: Ursache und Lösung für Komplikationen gefunden

Wien (OTS) – Die Peritonealdialyse (Bauchfelldialyse) ist, so wie die klassische Hämodialyse, eine Form der Nierenersatztherapie, die jedoch als Folge des Versagens des Bauchfells oft nur für begrenzte Zeit einsetzbar ist.

ForscherInnen der MedUni Wien konnten nun zeigen, dass ein bestimmtes Protein an der fibrotischen Degeneration des Bauchfells ursächlich beteiligt ist. Eine am Christian Doppler Labor für Molekulare Stressforschung in der Peritonealdialyse entwickelte neue Dialyselösung mit zugesetztem Lithium kann diese negative Entwicklung verhindern und Komplikationen reduzieren. Die Ergebnisse wurden im Top-Journal Science Translational Medicine veröffentlicht und als Cover-Story der Ausgabe ausgewählt.

Die Zahl der PatientInnen mit chronischer Nierenerkrankung oder Verlust der Nierenfunktion steigt weltweit und damit auch die Zahl der Menschen, die eine Nierenersatztherapie benötigen. Der Verlust der Nierenfunktion betrifft ungefähr 3 Millionen Menschen, vom Säugling bis zu geriatrischen PatientInnen. Die steigenden Zahlen (5-8 % pro Jahr) sind zum Teil auf das zunehmende Vorkommen von Bluthochdruck, Diabetes und Alterung zurückzuführen.

Neue Lösungen sollen Entzündungen und Gefäßschäden verhindern

Eine der wichtigsten Aufgaben der Nieren ist es, Stoffwechselprodukte aus dem Blut zu filtern. Sind die Nieren dazu nicht mehr in der Lage, muss das Blut mittels Dialyse (Blutwäsche) künstlich gereinigt und entwässert werden. Ein Teil der PatientInnen setzt die flexible Methode der Peritonealdialyse (PD, Bauchfelldialyse) ein, bei der die Membran des Bauchfells als Filter verwendet wird. Vorteil gegenüber der klassischen Hämodialyse ist die Möglichkeit, diese selbstständig zu Hause durchzuführen, was die Lebensqualität erhöht. Zusätzlich kann durch diese gefäßschonende Form der Entfernung von überschüssigem Wasser und gelösten harnpflichtigen Stoffen eine noch vorhandene Restfunktion der Nieren oft besser erhalten werden. Allerdings sind die in der Bauchfelldialyse eingesetzten Lösungen immer noch der Schwachpunkt der Therapie. Sie können Fibrose, Gefäßschäden und Entzündungen auslösen.

Innovative Lösungen sollen helfen, das Peritoneum möglichst lange zu erhalten, um den PatientInnen ein weitestgehend normales Leben bzw. Wartezeit auf eine Transplantation zu ermöglichen. Das neuartige Konzept der Zytoprotektion durch Zusätze zu PD-Lösungen entstammt der Forschung an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde der MedUni Wien. Diese Strategie der Wiederverwendung von Arzneimitteln als Zusatzstoffe bietet zusätzlich eine beschleunigte und kostengünstige klinische Prüfung und Anwendung.

„Unserem Konzept folgend, PD-Flüssigkeiten mit zytoprotektiven Zusatzstoffen zu ergänzen, fanden wir in unserer aktuellen Studie heraus, dass Lithiumchlorid (LiCl) das Überleben der Zellen bei ansonsten schädlicher Exposition mit PD-Lösungen verbessert“, erklärt Klaus Kratochwill, Leiter des Christian Doppler Labors für Molekulare Stressforschung in der Peritonealdialyse an der MedUni Wien.

Schlüsselprotein entdeckt

Erstautorin Rebecca Herzog und KollegInnen identifizierten in Analysen peritonealer Mesothelzellen von PatientInnen αB-Crystallin als Schlüsselprotein. Dieses war in allen Experimenten durch Stimulation mit PD-Flüssigkeit hochreguliert und förderte die Veränderung von Epithelzellen zu mesenchymalen Zellen. Durch die Zugabe von Lithiumchlorid wurde αB-Crystallin aber verringert, die Verdickung des Bauchfells reduziert und die Expression von Fibrosemarkern in den Mesothelzellen verringert.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass eine Zugabe von Lithiumchlorid die Peritonealdialyse-Therapie beim Menschen verlängern könnte“, erklärt Herzog. Und Kratochwill fügt hinzu: „Das trägt dazu bei, dass Betroffene diese flexiblere Methode der Nierenersatztherapie in Zukunft mit weniger Komplikationen und dadurch länger und in besserer Lebensqualität erhalten können.“

Die Studie wurde im Christian Doppler Labor für molekulare Stressforschung in der Peritonealdialyse, einer Public-Private Partnership zwischen der klinischen Abteilung für Pädiatrische Nephrologie und Gastroenterologie an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde und dem Industriepartner Zytoprotec am Comprehensive Center for Pediatrics (CCP) durchgeführt, unter Zusammenarbeit mit der klinischen Abteilung für Nephrologie und Dialyse (Universitätsklinik für Innere Medizin III), und der Universitätsklinik für Allgemeinchirurgie.